Der Sommermann

Es war ein nebliger Tag und für den Herbst auch relativ kalt. Es war gerade nicht das angenehmste, in einem Parkhaus auf meine Eltern warten zu müssen, da sie irgendeinen Termin hatten und sie mich mit nach Hause nehmen wollten. Da das Parkhaus sehr offen war, war es hell, aber auch sehr kalt. So ging ich von links nach rechts, von rechts nach links und hörte Musik. Doch war mir kalt, und wenn ein Auto an mir vorbeifuhr, kam auch noch ein kalter Wind dazu. Ich lehnte, wenn ich mich nicht bewegte, an einer breiten Säule. So konnte man mich nur von vorne und von der Seite sehen. Wer hinter der Säule stand, konnte mich nicht sehen, und ich ihn auch nicht.

Es war nicht viel los, trotzdem waren andere Menschen unterwegs vom Auto zum Ausgang und vom Ausgang zum Auto. Es waren die unterschiedlichsten Menschen unterwegs, normale Leute bis auf einen. Als ich hinter der Säule schaute, stand er da. Ich erschrak, weil er plötzlich dastand. Ich hätte ihn bemerken müssen, tat es aber nicht. Im nächsten Moment bemerkte ich, dass er für dieses Wetter falsch gekleidet war. Diese Person trug nur ein dünnes Hemd und eine kurze Hose. Er schien nicht zu frieren, er stand nur da. Diese Person stand vier Parkplätze weit weg, und ich konnte sein Gesicht nicht richtig erkennen, da ich kurzsichtig bin und meine Brille nicht dafür da ist, so weit zu schauen. So konnte ich nicht einschätzen, wie alt er war oder wie sein Gesichtsausdruck war, wenn er überhaupt ein Gesicht hatte. Auch ob er mich anschaute, wusste ich nicht.

Neben ihm standen auch keine Autos, und so war ich mir sicher, dass er nicht auf jemanden wartete, und niemand schien ihn zu bemerken, außer mir. Eine Frau ging einfach an ihm vorbei, ohne ihn anzuschauen, und er schaute sie auch nicht an, zumindest sah ich es nicht. Er schaute nur geradeaus zu mir. Ich wusste nicht, ob er mich direkt ansah oder nur in meine Richtung. Gruseliger wurde es dann, als der Song plötzlich wechselte, aber es war kein Song aus meiner Playlist. Ich weiß bis heute nicht, was es für ein Song war, und danach habe ich ihn nie wieder gehört. Ich kann den Song nicht beschreiben. Es schienen zwei Songs gewesen zu sein, die gleichzeitig und verzerrt abgespielt wurden. Aber da war noch etwas. Es war eine Stimme oder etwas Ähnliches. Vielleicht kommunizierte er so mit mir. Es war schwer, etwas zu verstehen, aber es wurde immer wiederholt. So konnte ich es mir zusammenreimen. Diese Stimme sagte vermutlich so etwas wie: “Es ist kalt. Wann wird es wieder wärmer? Wann wird es wieder Sommer?”

Erst als ich wieder hinter der Säule verschwand, wechselte der Song wieder, und meine Playlist lief weiter. Ich war unsicher, ob ich nachschauen sollte, ob er noch da stand. Ich hatte kurz Angst, dass er dann direkt vor mir stehen würde, aber ich schaute nach. Ich schaute um die Ecke, aber er war weg. Einen Moment später bemerkte ich, dass da, wo er gestanden hatte, ein Auto geparkt war. In dieser kurzen Zeit hätte da kein Auto parken können, ohne dass ich den Fahrer irgendwo gesehen hätte. Habe ich mir das eingebildet? Das denke ich heute nicht mehr, aber damals schon. Ich nannte ihn den Sommermann und recherchierte, ob es andere gab, die das Gleiche erlebt hatten. Natürlich nicht unter der Sommermann, den Namen habe ich dieser Person gegeben, aber ich fand nichts dazu. Nicht mal so etwas Ähnliches habe ich gefunden. Was komisch war, ich habe überhaupt keine Spur gefunden.

Noch nicht mal irgendwelche Foreneinträge über plötzlich erscheinende Personen oder Kreaturen hatten Ähnlichkeit mit meinem Fall. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es genau so passiert ist. Auch wenn die Leute, denen ich davon erzählt habe, sagten, dass es nicht passiert ist und ich es mir nur eingebildet habe. Sie waren aber nicht dabei, also konnten sie es nicht wissen. Ich sage, dass der Sommermann existiert, und niemand kann mich vom Gegenteil überzeugen, auch wenn es alle versuchen. Und wenn ich hier raus komme, werde ich ihn suchen und allen beweisen, dass es ihn gibt. Ich bereite mich seit Monaten vor, bald ist Herbst, und dann werde ich ihn treffen. Ich weiß genau, wie ich hier rauskomme, dafür hatte ich genug Zeit. Wenn du das hier liest, hast du meine Notiz gefunden. Das heißt auch, dass ich draußen bin und ihn suche. Vielleicht habe ich ihn auch gefunden, oder er mich. Jetzt weißt du auch von ihm, und ich hoffe, du glaubst mir. Nein, ich weiß, dass du mir glauben wirst, und er weiß es auch. Und eine Frage habe ich noch an dich: Ist dir kalt?